Frühe kommerzielle Rechner

Kommerzielle Rechner haben keine oder kaum wissenschaftliche Funktionen und sind speziell auf die Verarbeitung von "großen" Datenmengen ausgelegt. Manchmal ist die Unterscheidung zwischen kommerziellen und wissenschaftlichen Rechnern schwer und die unten stehenden Exemplare sind auch nur kleine kommerzielle Rechner.
Schöne vorwiegend kommerziell eingesetzte EDV-Anlagen (BULL GAMMA 10, GAMMA 55) werden in der Rubrik "Lochkarten-EDV" beschrieben. Ebenso finden Sie unter dieser Rubrik die UNIVAC 9200, welche ebenfalls hauptsächlich für kommerzielle Anwendungen angeboten wurde.

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Olivetti P 203

Olivetti P203
Olivetti P 203

Im Jahre 1967 wurde die PROGRAMMA 101 (mit etwas vergrößerter Speicherkapazität) mit einer elektrischen Schreibmaschine gekoppelt. So war es möglich, z.B. tabellarische Rechnungen unmittelbar auszudrucken. Jedoch konnten nur Zahlen vom Rechner übernommen werden. Texte musste man nach wie vor manuell auf der Tastatur einfügen. Die elektrische Schreibmaschine konnte man auch separat verwenden.
Der magnetostriktive Speicher hat eine Kapazität von 320 Bytes. Hier wurden u.a. 10 Register mit je 30 Ziffern realisiert.
Dieser "Personal-Computer" besticht durch seine außergewöhnliche Form und wurde vom berühmten italienischen Designer "Mario Bellini" gestylt. Für das Design hat Olivetti seinerzeit Preise erhalten. Auch heute wird das ästhetische Äußere bewundert. Die nachfolgenden Olivetti Rechner wurden dagegen im Stil der 70er Jahre als schmucklose kantige Würfel präsentiert.
Der Transport des "Bürorechners" ist allerdings eine echte Herausforderung: 130kg Gewicht am Stück.


Die oben stehende Bilder lassen sich vergrößern. Bild 1 zeigt das erste Modell (links) offen und das zweite Modell mit einer schnelleren Schreibmaschine (rechts). Bild 2 ist eine Nahaufnahme. Bild 3 zeigt den gewaltigen Anteil an Mechanik in diesen Computern. Beide Rechner bedürfen der Überholung.

Olivetti P 652

Olivetti P 652 in unserer Ausstellung, rechts ein Detail

1973 stellte Olivetti die P 652 der Öffentlichkeit vor. Sie stellte die Weiterentwicklung der Linie der programmierbaren Tischrechner dar, die mit der PROGRAMMA 101 begann und über die P 203 und die P 602 nun zur P 652 führte. Statt Laufzeitspeicher wurden erstmals LSI-Halbleiter-Speicherbausteine verwendet, und statt gefädelter ROMs kamen ebenfalls LSI-Chips zum Einsatz. Die Zahl der Register wuchs auf über 240, die der Programmschritte auf über 1000. Trigonometrische und logarithmische und Exponentialfunktionen waren nun (im Gegensatz zur P 602) auch per Tastatur aus dem ROM abrufbar. Über den IPSO-Bus konnte eine Vielzahl an Peripherie angeschlossen werden.

In unserer Ausstellung zeigen wir eine betriebsbereite P 652 zusammen mit der elektrischen Schreibmaschine ST4 und einem Doppel-Cassettenlaufwerk CTU1000. Letztere bedürfen noch der Überholung. Im Depot haben wir noch Magnetbandeinheiten MLU600, eine Festplatte DAS600 und einen Lochstreifenstanzer PN20. Wir werden sie nach und nach inspizieren und wieder in Betrieb nehmen.

Über den Fortschritt in der Reparatur unseres P 652er-Systems werden wir im P652-Reparaturblog berichten.

NCR 446

Der NCR 446 ist ein Rechner der 2. Generation (Transistortechnik). Er wurde ab 1966/67 in Deutschland (National Registrier Kassen GmbH, Augsburg) von 4 Ingenieuren entwickelt, die gerade ihr Examen an der Universität absolviert hatten. Im Jahre 1967/68 war er marktreif. Die Architektur ist ungewöhnlich. Das gesamte Programm befindet sich auf dem Lochstreifen im Programmleser. Verknüpfungen werden in einem gefädeltem ROM ausgeführt. Die Anlage wurde als "Elektronische Fakturiermaschine" angeboten, weil das ihr Hauptanwendungsgebiet war. Dennoch verwendeten auch Statiker den Rechner, da er praktisch beliebig programmierbar war (und natürlich immer noch ist!).
Die Anlage beinhaltet neben dem Programmleser noch zwei Daten-Lochstreifenleser, einen Lochstreifenstanzer, die Eingabetastatur und eine IBM Kugelkopfmaschine als Drucker. Durch Anklicken des Bildes erhält man eine Detailaufnahme.
Billig war ein Einstieg in die bisher unbekannte Welt des elektronischen Rechnens nebst Textausgabe nicht: Das einfachste Modell ohne Lochstreifenstanzer und ohne zusätzliche Lochstreifen-Datenleser kostete satte 35.000,- DM (ca. 18.000 Euro); das entsprach damals dem Gegenwert von ca. 3 Mittelklasse Autos.
Dafür war die NCR446 der erste "kleine" kommerzielle Rechner, der Text und integrierte mathematische Berechnungen gleichzeitig ausdrucken konnte. Eine solche "Maschine" befähigte z.B. Statiker, textlich dokumentierte Berechnungen unmittelbar versandfertig aufzulisten. Der Konkurrent von Olivetti (Programma 101, 203) konnte dagegen nur Zahlen auf einem kleinen Streifen bzw. auf der Schreibmaschine ausgeben.
Es ist herrlich, dem Rechner z.B. bei der Berechnung der Wurzel einer Zahl zuzuschauen. Spätestens dann versteht man, was ein Algorithmus ist! Da sich das Programm auf dem Lochstreifen befindet, kann man jeden Rechenschritt und alle Programmsprünge anhand der Bewegung des Lochstreifens verfolgen.

Wenn Sie einen kleinen Einblick in das Innenleben des Rechners während der Reparatur sehen möchten, klicken Sie bitte hier: Reparatureinblicke

Lochstreifen-Zubehör

Auch Zubehörteile aus der Zeit der Lochstreifen als Daten- und Programmträger sind recht interessant, verraten sie doch wie man zu Beginn des programmierten Rechnens arbeiten musste.
In der untenstehenden Abbildung ist links ein "Handlocher" zu sehen, der es erlaubte, 1-Zoll Lochstreifen nach selbstentworfenen Programmen oder Daten zu lochen. Wer den NCR-Rechner in einer abgespeckten Version hatte, verfügte nicht über den Lochstreifenstanzer (rechts im Bild oben)!

Handlocher für Lochstreifen (links) und Tapewinder (rechts)

Nach einer Erläuterung des Inhabers eines Ingenieurbüros für Baustatik lief die Prozedur dann etwa wie folgt ab:
Zunächst erstellt man das Programm und den dazu gehörigen Text in Reinschrift. Dann musste jedes Zeichen per NCR-Codetabelle in einen 8-Bit-Code für den Lochstreifen übersetzt werden. Sodann durfte die Sekrekärin die vom "Chef" diktierten Ziffernkombination (1 bis 8) eintippen und danach jeweils den Hebel herunterdrücken. Per Handkraft wurden so die Löcher Sprosse für Sprosse hergestellt wobei jede Sprosse (Zeile) genau einem Zeichen entspricht. Das war eine mühsame und zeitraubende Arbeit, insbesondere wenn man sich aus Versehen "verlocht" hat.
Mit der oben abgebildeten NCR-446 Maschine konnten Programme und Daten direkt auf der Schreibmaschinentastatur eingeben und simultan im Lochstreifenstanzer ausgestanzt werden. Dieser "Komfort" kostete jedoch zusätzlich ca. 20.000,- DM (10.000 Euro)!
Beim Wechsel des Programmlochstreifens ergab sich das Problem, den oft sehr langen Streifen per Hand aufzuwickeln um ihn in einer kleinen Dose verstauen zu können. Dazu gab es von HP einen handlichen akkubetriebenen "Tapewinder". So dauerte das Aufwickeln nur wenige Sekunden.

NIXDORF 820

Nixdorf 820 Computer Nixdorf 820 Konsole

Nixdorf 820 mit Lochkartenstanzer und Drucker sowie Blick auf die Konsole

Eine Komplettanlage der mittleren Datentechnik: NIXDORF 820 Computer Bj. 1969/70. Einige Besonderheiten machen die Anlage interessant: Konsequente Modultechnik, Magnetkontenleser sowie "Stäbchenspeicher" als ROM, mit welchem man sich sein Programm selbst fädeln konnte. Die Konsole (Mitte) besteht aus Kugelkopfmaschine, Magnetkontenleser und 2 Lochkartenlesern. Zur Peripherie gehören ein Lochkartenstanzer (links), ein High-Speed-Nadeldrucker (rechts), 2 Magnetband-Kassettenlaufwerke (ohne Abb.) und ein manueller Lochkartenstanzer IBM oder YUKI (siehe oben). Durch Anklicken des Bildes erhält man einen Ausschnitt.

Über die Wiederinbetriebnahme unserer Nixdorf 820 berichten wir hier.

TA1000

TA1000

Dieser Magnetkontenbuchungsautomat Triumph Adler TA1000 wurde bis 1989 in der Haushaltsabteilung der TU Darmstadt zur Verwaltung des gesamten jährlichen Haushaltsvolumen (250 Mio. DM) plus der Personalausgaben für 3.000 Hochschulangestellte genutzt. Die Anlage erreichte uns als Schenkung des Astronomisch Physikalischen Kabinetts (Kassel) in 2022.
Die TA1000 wurde ab 1973 produziert, zu unserer Maschine haben wir leider keine weiteren Unterlagen. In dem Beistellschrank links befindet sich die gesamte Elektronik und 2 8"-Floppylaufwerke. Die CPU, eine Entwicklung von Otto Müller (Fa. CTM), basiert auf ca 100 TTL-Bausteinen. Darüber ein Monochrommonitor (22 Zeilen zu 48 Zeichen). Zentral in der Mitte die Bedientastatur und die Druckeinheit für die Magnetkontokarten und die Protokollausdrucke.

Über die Wiederinbetriebnahme unserer TA1000 berichten wir hier.

IBM 5320 /32

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IBM 5320 , rechts die Bildschirmanzeige

Von 1975 - 1984 produzierte IBM das Modell 5320 System /32. Es ist ein Einzelbenutzersystem für den kommerziellen Einsatz z.B. für die Buchhaltung in kleinen Firmen. Zum Einsatz kommt ein IBM-eigener Mehrchip-Prozessor. Unser System hat 24 kB Halbleiterspeicher, eine 9 MB Festplatte und eine 8" Floppystation. Dem Bediener stehen eine Schreibmaschinen-ähnliche Tastatur und ein Drucker für die Ein- und Ausgabe zur Verfügung. Betriebssystemsmeldungen können auch über einen kleinen Bildschirm mit 6 Zeilen zu je 40 Zeichen ausgegeben werden. Die Bildröhre ist senkrecht links neben dem Drucker eingebaut, das Bild wird über eine Spiegeloptik betrachtet !
Unser Exponat, eine Schenkung von Edwin Miller (Rammingen), ist betriebsbereit. Auf der Harddisk befindet sich das Betriebssystem u.a. mit einem Texteditor und einer einfachen Datenbank mit Reportgenerator.

Über die Wiederinbetriebnahme unserer IBM 5320 berichten wir hier.

Siemens System 6610

Siemens System 6610

Siemens System 6610

Gemeinsam mit Tandberg stellte Siemens 1979 diesen Bürorechner vor: Er basiert auf einer CPU 8080A mit 2 MHz Takt, hat 56 kB RAM und 7 kB ROM für ein Monitorprogramm. Ein Monochrombildschirm mit 24 Zeilen zu je 80 Zeichen und eine 8"-Floppystation sind in das Gehäuse integriert. Als Betriebssystem wird AMBOSS (BS1S Rev 4.09/D) von Floppy geladen.
Zu unserem Rechner haben wir umfangreiche Schulungshandbücher, Serviceunterlagen und Software, u.a. COBOL, BASIC, Assembler und Programme für die Finanzbuchhaltung, das Personalwesen und zur Datenkommunikation mit Großrechnern. Ein besonderer Glücksfall ist auch , dass wir einen Koffer für den Außendienstservice zu dem Gerät haben, er enthält alle Steckkarten und Baugruppen nochmal als Ersatzteile ! Details dazu finden sich hier.

CPT 8800

CPT 8800

CPT 8800

Die Firma CPT Corp. in Minneapolis (MN, USA) wurde 1971 gegründet. Sie entwickelte Zubehör für IBM Selectrix Schreibmaschinen und brachte 1976 mit der Serie 8000 mikroprozessorbasierte Textsysteme auf den Markt. Unsere CPT 8800 ist ein voluminöses Kompaktsystem, CPU 8080, 64 kB RAM, eigener Videoprozessor, mit Tastatur und eingebauter 8" Doppelfloppystation. Für hochqualitative Ausdrucke wurde ein Typenraddrucker angeschlossen. Eine Besonderheit stellt der eingebaute Bildschirm dar: die Bildröhre ist hochkant eingebaut, um eine Schreibmaschinenseite komplett darstellen zu können. Aus Ergonomiegründen stellt dieser Computer den Text schwarz auf weiss mit hoher Bildfrequenz (67 Hz) dar, um ermüdungsfreies Arbeiten zu ermöglichen.
Auf dem Rechner lief ausschließlich die Software CPT-Videotyper 8800. Alternativ konnte die Maschine auch ein CP/M-Betriebssystem booten. Preislich lagen die Systeme bei 15.000 USD, ihre Anwendung war im professionellen Bereich, weshalb wir diesen Computer hier in der Kategorie der kommerziellen Rechner vorstellen.

Unser Exemplar ist voll funktionsfähig. Die Textverarbeitungssoftware ist für die Zeit erstaunlich umfangreich, sie beherrscht Seriendruck, kann mit vorgegebenen Textbausteinen umgehen und erlaubt es, Rechnungen im Text vorzunehmen.

Weitere Informationen zur CPT 8800 finden sich hier.